Leitartikel der Festzeitschrift 50 Jahre KAB St. Suitbert,

Bottrop-Vonderort, im Jahre 2001

KAB St. Suitbert

Tradition, Heute, Zukunft

Der 2. Weltkrieg war beendet. Man begann Chaos und Ruinen zu überwinden. Das katholische Vereinsleben regte sich wieder. Auch der katholische Arbeiter- und Knappenverein St. Pankratius Osterfeld versuchte, seine Vonderorter Mitglieder zu aktivieren.

vkViktor Kerschlin
Ehrenvorstandsmitglied

So wurden im Herbst 1945 die Freunde Victor Kerschlin und Wilhelm Steinhaussen gebeten, die in Vonderort wohnenden KAB-Mitglieder aufzusuchen und wieder der Gemeinschaft zuzuführen. Das gelang. Zu dem Erfolg trugen nicht zuletzt auch die Freunde Kusenberg und Helmes bei.

Während man anfänglich im Stammverein mitarbeitete und die Versammlungen in Osterfeld besuchte, fand schon bald jeden 2. Monat eine Veranstaltung in Vonderort statt.

Je greifbarer das Ziel näher rückte, ein eigenes Gotteshaus zu erhalten und eine selbständige Kirchengemeinde bilden zu können, umso stärker wurde nach der Gründung eines Arbeiter- und Knappenvereins für Vonderort gefragt.

Und so trafen sich am 26. 1. 1951 in der Gaststätte Kerkhoff zahlreiche Vonderorter, um mit August Busch (Arbeitersekretär des Bezirks Sterkrade/Osterfeld), Kaplan Kü­per (Betreuer der Vonderorter Katholiken) und Georg Budke (Mitglied des Landta­ges) Gründungsprobleme zu erörtern.

Für die Gründung einer selbständigen Kirchengemeinde und einer eigenständigen Vonderorter KAB wurden vor 50 Jahren Gründe gesammelt, von denen es sich ge­rade jetzt lohnt, sie ins Gedächtnis zu rufen, da sie zum Teil noch und auch wieder aktuell sind.

wp
Wilhelm Pütter
Vorsitzender 1951-1960

Die ein Menschenleben andauernden Bemühungen der Vonderorter müssen endlich einmal belohnt werden. Die Verärgerung über das ständige Hinauszögern des Kirchbaus ergreift schon jetzt weite Kreise und ist ein Hindernis für die Seelsorge. Was man auch tut, und wie man sich auch müht: es genügt ihnen nicht: "Wo bleibt die Kirche?" so lautet immer die Frage.

Vonderort hat schon seit einem halben Jahrhundert eine eigene Schule (5 Lehrkräfte, etwa 200 Kinder). Wegen der weiten Wege können sie werktags nie eine Schulmesse besuchen. Was das bedeutet für die Kommunionkinder, spüren wir jedes Jahr schmerzlicher mit dem Herannahen der Erstkommunion. Auch des Sonntags ist die eine Hälfte der Kinder in Osterfeld, die andere Hälfte in Bottrop.

Wege von ½ bis ¾ Stunde nimmt eine Industriebevölkerung nicht mehr auf sich um zur Kirche zu kommen. Zudem führt der Weg durch den einsamen Stadtwald von Osterfeld, ein Grund mehr für die Eltern, ihre Kinder zu Hause zu halten, besonders bei abendlichen Veranstaltungen

Vonderort ist ein beliebtes Siedlungsgelände. Im Augenblick sind etwa 14 Neubauten fertig, weitere noch im Bau.

Vonderort, und das ist der Hauptgrund, ist zu einem Fremdkörper in der Gemeinde St. Pankratius, Osterfeld, geworden.
Die kirchliche Entwicklung hat mit der politischen nicht Schritt gehalten. Immer mehr zeigt es sich als ein Nachteil, dass die politische Grenze durch die Pfarrei läuft.


Die wirtschaftlichen Bindungen sind in den beiden Kriegen so eng geworden, dass dagegen die kirchlichen nicht aufkommen. Im Gegenteil, die Stadt Bottrop übt auch kirchlich ihre Anziehungskraft aus; mindestens die Hälfte der Vonderorter Bevölkerung besucht Bottroper Kirchen, wird dadurch dem eigenen Pfarrleben entfremdet.

Die Geistlichen von Osterfeld mögen sich mühen, wie sie wollen, Vonderort fühlt sich immer als Stiefkind der Gemeinde, das vernachlässigt wird.
Es ist deshalb die Seelsorge in Vonderort nicht nur eine mühevolle, sondern auch eine undankbare Aufgabe.

jk

Josef Koch
Vorsitzender 1961-1963

Heute:

Bei diesem kurzen Rückblick wollen wir es belassen, denn die KAB ist ein zukunfts-orientierter Verein, der seine Hauptaufgabe darin sieht, die wirtschaftliche und soziale Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern und durch politische Einflussnahme das Leben der Menschen in unserem Lande mitzugestalten. In einer Zeit der Globalisierung und des internationalen Wettbewerbs besteht eine große Gefahr darin, dass soziale Standards in Ländern mit hohen Arbeitskosten re-duziert werden. In Zukunft werden wir auf manche liebgewordene Sozialleistung ver-zichten müssen, daher ist eine starke Gemeinschaft nötig um vor Missständen zu schützen.

Grundlage für die Einstellung der KAB ist die katholische Soziallehre. In ihrer Satzung erklärt die KAB folgendes als ihre Aufgabe:

1. Im gemeinsamen, persönlichen Dienst an der Verlebendigung christlicher Lebenshaltung in der Arbeitnehmerschaft mitzuwirken, durch Lebenshilfe und Bildungsarbeit die Arbeitnehmerschaft für ihre gestaltende Aufgabe in Kirche, Staat und Gesellschaft zu befähigen und die Arbeitnehmerschaft zu gegensei-tiger Hilfe und gemeinsamen Aktionen aus christlicher Verantwortung anzure-gen.

2. Die gesellschaftliche Ordnung im nationalen und internationalen Bereich aus der Sicht der Arbeitnehmerschaft und auf der Grundlage katholischer Soziallehre unabhängig in einem evolutionären Prozess gerechter zugestalten.

3. Die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit zu vertreten.

4. Ihren Mitgliedern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Rechtsberatung und Rechtsschutz im Arbeits- und Sozialrecht zu gewähren.

pbPeter Balensiefer
Vorsitzender 1963-1969

Um diese selbst gesteckten Ziele erreichen zu können, wird jährlich ein umfangreiches Bildungsprogramm zusammengestellt, das von der Einführung in die PC-Welt über die Beschäftigung mit Glaubensfragen, Familienwochenenden, Trauerbewältigungen und Ernährungsberatungen bis hin zu Tagungen über Arbeits- und Sozial-recht reicht.

Jedes KAB-Mitglied kann an diesen Veranstaltungen, die in der Regel in den KAB-Häusern Möhnesee-Günne, Kirchhundem-Rahrbach und Haltern am See stattfinden, teilnehmen.

Nicht vergessen dürfen wir bei dieser Gelegenheit die Anstrengungen der politischen Einflussnahme der KAB-Bundestagsabgeordneten bei den familienpolitischen Entscheidungen des Bundestages.

Viele Gesetze, die in den vergangenen Jahren verabschiedet worden sind und Verbesserungen für Familien und Frauen gebracht haben, gehen auf Forderungen der KAB zurück, die zuvor in ihren bildungspolitischen Seminaren formuliert wurden.

In unserer Gemeinde verbindet die KAB unterschiedliche Altersstufen, wobei festzustellen ist, dass jüngere Menschen unterrepräsentiert sind. Dabei bietet die KAB gerade für junge Menschen und ihre Familien eine Vielzahl an Möglichkeiten.

hsHeinz Steinhaus
Vorsitzender 1969-1971

jfJohann Feldmann
Vorsitzender 1971-1973

Zunächst sei hier unsere Versammlung am ersten Sonntagorgen des Monats genannt, in der im Allgemeinen aktuelle Themen des täglichen Lebens behandelt werden und zu de¬nen Fachleute der jeweiligen Themenbereiche referieren. Außerdem wird mindestens einmal jährlich ein Kommunalpolitiker eingeladen, um Vonderorter Probleme zu diskutieren.

Weiterhin ist die KAB eine Stütze in der Gemeindearbeit; bei dieser Gelegenheit sei insbesondere auf das Engagement beim Pfarrfest hingewiesen.

Auch haben wir in den letzten Jahren durch unsere Mitarbeit den Weihnachtsbaumverkauf quantitativ ausweiten und durch die Einrichtung eines - wenn auch kleinen - Weihnachtsmarktes attraktiver gestalten können.


Unter der Leitung unseres Vorsitzenden, Hermann Kuhlmann, werden seit Jahren Ausflugsfahrten unter großer Beteiligung unternommen.
Ziele von Mehrtagesfahrten waren Gersau am malerischen Vierwaldstättersee in der Schweiz gelegen, Neupertshain in Brandenburg, mit Besuchen im Spreewald und in Dresden sowie die Toscana, in der wir unter anderem Florenz und Siena besichtigten.

Aber auch Wochenendtouren für Familien standen auf dem Programm, nach Kirchhundem-Rahrbach, Möhnesee-Günne und Bestwig-Föckinghausen. Diese Familienwochenenden erfreuten sich vor allen Dingen bei unseren Kindern besonderer Beliebtheit, weil das Konzept dieser Fahrten gemeinsame Veranstaltungen von Groß und Klein vorsah.

jlJosef Langehegermann
Vorsitzender 1973-1984

Morgen:

Ein Blick in die Zukunft setzt hellseherische Fähigkeiten voraus, zu groß sind die Unwägbarkeiten. Trotzdem kann kein Verein, keine Organisation überleben, wenn sie keine Visionen entwickelt. Der KAB geht es zurzeit genauso wie den meisten an­deren kirchlichen und profanen Organisationen:
Man befindet sich auf der Suche nach Angeboten, die die Massen interessieren und binden können. Aber das ist im Augenblick kaum möglich, zu stark ist der Wunsch nach Individualität.
Wenige Men­schen sind bereit, sich längere Zeit zu binden. Die Bereitschaft, sich langfristig in den Dienst einer Sache zu stellen, ist wenig ausgeprägt.

wiWilli Ingenohl
Vorsitzender 1984-1989

Das ehrenamtliche Engagement nimmt ab. Das mag man bedauern, ist aber auch eine Auswirkung der Forderungen nach Stärkung der Individualität, wie sie von der 68er Generation formuliert wurde und gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass es der Gesellschaft insgesamt sehr gut geht.

Erfahrungsgemäß rücken die Menschen in schlechteren Zeiten enger zusammen der Wunsch nach Solidarität nimmt zu. Aber schlechtere Zeiten wollen wir uns nicht ernsthaft wünschen.
Die KAB wird daher, genau wie die Kirche insgesamt, in näherer Zukunft damit leben müssen, dass ihre Angebote angenommen werden oder auch nicht. Natürlich nagt es am Selbstverständnis einer Organisation, deren oberstes Prinzip die Solidarität ist, wenn die Mitgliederzahlen rückläufig sind.

Wenn Einnahmen aus Beiträgen zurückgehen, hat das vor allen Dingen Auswirkungen auf die Arbeiten vor Ort und das gesamte Leistungsangebot.
Auf so manches Lieb gewonnene wird man in Zukunft verzichten müssen und das Fatale ist, dass man nicht umhin kommen wird, den Stab der hauptamtlichen Mitarbeiter zu reduzieren. Trotzdem gilt, dass uns die Menschen wichtig sind, die zu uns kommen.
Wir wollen miteinander gestalten und nicht über die klagen, die nicht kommen.

Aber es gibt auch Höhepunkte in der Arbeit der KAB die nicht verschwiegen werden dürfen. In seinem Grußwort zum neuen Jahr 2001 hat der Bundesvorsitzende, Hans Pappenheim, darauf hingewiesen, dass sich an der gemeinsamen KAB-Aktion zum Sonntag unzählige Mitglieder und Nichtmitglieder beteiligt haben und diese Aktion daher als großer Erfolg gewertet werden kann.

Auch die Reform der Rentenversicherung, die mit Sicherheit in wenigen Jahren erneut das Tagesthema sein wird, muss in der KAB diskutiert und von den KAB-Mitgliedern im Bundestag im Interesse der Solidargemeinschaft und damit in unserem Interesse, beeinflusst werden.

hk

Für die Arbeit in den einzelnen Gemeinden können die absehbaren veränderten Rahmenbedingungen nur bedeuten, dass die Zusammenarbeit mit den Partnerge­meinden aktiviert werden muss. Diese Zusammenarbeit kann durchaus befruchtend sein, denn wenn man unbefangen aufeinander zugeht, können erhebliche Impulse freigesetzt werden.

Für unsere KAB St. Suitbert wünschen wir uns selbstverständlich weitere Jubiläen. Es liegt gleichermaßen an den gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen und an dem persönlichen Engagement der KAB-Mitgliederinnen und -Mitgliedern unserer Gemeinde, ob wir diese Feste werden feiern können.

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